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Mittwoch, 6. Dezember 2017, 14:32

HP Envy Deckel lässt sich nicht schließen

Hallo,

bei meinem HP Envy 17" lässt sich der Deckel nicht mehr schließen. Auf der linken Seite löst sich beim Versuch es zu schließen der Rahmen des Displays ab, das Display hängt schief, es knackt und knarzt, und es gibt einen starken Widerstand, so dass ich mich nicht traue es mit Gewalt zu schließen.

Bilder des Geräts: https://imgur.com/a/9KeBr


Das Gerät wurde wegen noch bestehender Garantie bei HP eingeschickt, kam jedoch unrepariert zurück mit der Begründung der Schaden sei selbst verursacht. Schwer zu glauben, da das Gerät nie heruntergefallen und überhaupt nur selten transportiert / zugeklappt worden ist. Wie auch immer...

Wie reparier ich das am besten?

Bitte um Hilfe!

Mit freundlichen Grüßen
Elaschka

EDV-Dompteur

Administrator

Beiträge: 2 004

Wohnort: Hamburg

Beruf: Techniker

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Mittwoch, 6. Dezember 2017, 20:05


O.T.: Warum wählen eigentlich so viele von Euch Nicknamen mit kleinem Anfangsbuchstaben? Namen schreibt man doch stets groß, ich verstehe das nicht. Es fühlt sich immer so sonderbar und so falsch an, wenn man einen User persönlich anredet - oder auf einen anderen User verweist - und den ersten Buchstaben klein schreiben muss


Hallo elaschka,

Du müsstest den Deckelteil zunächst zerlegen und das Display ausbauen.
Noch besser ist es, wenn Du sogar das Unterteil soweit zerlegst, so dass Du den Deckel komplett vom Unterteil trennen kannst.

Es gibt dann generell zwei Möglichkeiten:
  1. Du treibst die defekten Gehäuseteile auf (eBay) und tauschst sie aus.
  2. Du reparierst den Bruchschaden.

Falls Du Dich für eine Reparatur entscheidest: Da werden Haltemuttern aus ihren Kunststoff-Halteröhrchen gebrochen sein.
Das lässt sich fixen, aber es ist sehr aufwändig. Ich wollte dazu schon längst mal eine Anleitung geschrieben haben ...

Es gibt leider keinen pauschal immer gültigen Universalweg, wie sich so etwas reparieren lässt. Ich selbst habe eine ganze Menge Erfahrung damit (diese Schäden sind häufig!) und viele Tricks auf Lager. Ich reiße nur mal ein paar davon an:

Die Muttern lassen sich manchmal mit dem Lötkolben wieder in die Halteröhrchen einschmelzen.
Dabei ist mein "Geheimtrick", zuvor über das Röhrchen ein Stück Schrumpfschlauch zu setzen. Beim Einschmelzen der Mutter wird der Schrumpfschlauch heiß, zieht sich zusammen und presst dabei den verflüssigten Kunststoff gegen die Mutter, so dass diese hinterher wieder richtig stramm sitzt.
Diese Methode kann man bei Unterteilen sehr oft anwenden, bei Deckelteilen aber seltener, weil da die Halteröhrchen oft sehr mickrick klein sind.

Weiterhin muss jede Menge 2-Komponenten-Kleber eingesetzt werden, um alles solider zu gestalten.
Da gibt es aber heftige Unterschiede bei den Klebern. Viele taugen nicht wirklich viel und haften auch nicht gut auf dem Kunststoff.
Es hilft aber, den Kunststoff zumindest anzurauen, z. B. mit einer Dremel (Mini-Bohr/Fräsmaschine).
Allen Hohlräume müssen gründlich mit Kleber aufgefüllt werden. Man darf aber nicht zuviel auf einmal auftragen, weil 2-K-Kleber exotherm reagiert, also heiß wird.
Man muss also in mehreren Schichten den Kleber auftragen, jede einzelne Schicht gut aushärten lassen und hin & wieder mit der Dremel überschüssiges Material wieder weg fräsen.
Auf keinen Fall darf bei diesen Tätigkeiten flüssiger Klebstoff in die Mutter eindringen. Das lässt sich verhindern, indem man sie von innen einfettet und etwas hinein stopft.
Aber beim Einfetten ist darauf zu achten, dass keinesfalls die Außenseite Fett abbekommt, sonst halten die Muttern nicht mehr gut!
Überhaupt müssen die geriffelten Außenseiten der Muttern ganz akribisch gereinigt und von Kunststoffresten befreit werden. Das ist sehr fummelg!

An den Zusammenbau ist erst dann zu denken, nachdem die letzte Klebeschicht mindestens 24 Stunden ausgehärtet hat!
Ja, auch bei 5-Minuten-Epoxid! Richtig hart ist der Kleber frühestens nach 24 Stunden. Etwas Wärmezufuhr (einige Stunden auf die Heizung legen) unterstützt die Aushärtung und erhöht die Endfestigkeit.

Wenn Du das Displayteil zu früh wieder zusammen schraubst, dann werden die Muttern unweigerlich wieder heraus reißen, wahrscheinlich sogar schon beim bloßen Anziehen der Schrauben!

Herkömmliche 2-K-Klebstoffe werden üblicherweise im Verhältnis 1 zu 1 gemischt. Im Zweifelsfall nimmt man aber lieber eine Spur mehr Binder, gegenüber dem Härter. Dann dauert die Aushärtung zwar länger, aber für die Festigkeit ist es besser, wenn der Binder minimal überwiegt.
Manchmal ist es sinnvoll, Sand mit in den Kleber einzurühren (hängt vom Einzelfall ab). Dann fließt die Masse nicht mehr so unkontrolliert und zumindest die Druckfestigkeit und Steifheit erhöhen sich.

Wichtig ist, den Kleber blasenfrei anzurühren. Das erfordert Erfahrung ...
Wenn das nicht so recht klappt, dann können Luftblasen vor dem Auftragen noch schnell mit einer Schröpfpumpe heraus gesaugt werden.

Beim Auftragen des Klebers halte reichlich Papier-Küchentücher und Wattestäbchen bereit, um herumvagabundierenden, flüssigen Kleber sofort bändigen zu können.
Noch nicht ausgehärteter Kleber lässt sich mit Reinigungsbenzin entfernen. Benzin kann man in mehr als 99% aller Fälle gefahrlos überall am Notebook anwenden, selbst auf dem Display, also keine Angst!

Bei manchen Bruchschäden arbeite ich übrigens gerne noch etwas Aramidfasern mit ein. Aramid ist extrem reißfest (kugelsichere Westen werden aus einem Aramid mit dem Handelsnamen Kevlar hergestellt!) und es ist so derbe hitzefest, dass die Fasern mit dem Lötkolben (flache Lötspitze) in den Kunststoff eingeschmolzen werden können. Die dadurch erzielte Materialfestigkeit ist enorm und übersteigt die ursprüngliche Stabilität bei Weitem!
Das mit dem Einschmelzen von Aramidfasern ist ein "Geheimtipp" von mir, den Du sonst nirgendwo aufschnappen wirst, also gut merken!

Aramid lässt sich mit einer herkömmlichen Schere nicht schneiden. Es gibt aber einen Trick (Geheimtipp Nr. 3!): Man klebe auf beide Seiten des Gewebes einen Streifen Kapton-Klebeband. Fest anrubbeln! Nun lässt sich das Gewebe mit einer herkömmlichen Schere sauber und ohne Verfusselungen schneiden (die Schneidetechnik erfordert aber eine ungewohnte, ziehende Bewegung während des Schneidens).
Um anschließend das Kapton wieder vom Gewebe zu entfernen, ohne dieses aufzufasern, einfach mit etwas rückstandsfrei verdunstendem Lösungsmittel nachhelfen.

Sofern die Halteröhrchen lang genug sind, setze ich übrigens gerne jeweils zwei Muttern übereinander. Ich habe die Dinger immer da, was bei Dir aber wohl eher nicht der Fall sein wird, dennoch erwähne ich es. Durch den Einsatz von jeweils zwei Muttern erhöht sich die Zugfestigkeit erheblich - sicher um weit mehr, als nur das Doppelte!
Die Technik dazu ist die, dass man die beiden Muttern zunächst auf eine längere, eingefettete Schraube schraubt und dann alles zusammen einschmilzt/einklebt. Dabei sehr darauf achten, dass sich der Winkel nicht verändert, dass die Schraube also senkrecht nach oben zeigt, wenn das Gehäusteil flach auf dem Tisch liegt.

Wenn alle Muttern eingeklebt sind und mit der Dremel die Auflagefläche schön plan geschliffen wurde, dann zunächst alles testweise zusammenbauen, um zu sehen, ob auch wirklich alles passen würde.
Dann wieder auseinander bauen und jetzt kommt der ganz kritische Akt: Ich verklebe gerne die Scharnierlaschen mit der darunter wieder hergestellten Auflagefläche.
Das muss ganz ruckzuck gehen: Kleber satt auftragen, Scharniere (zuvor gut entfettet!) aufsetzen und festschrauben.
Es kann leicht passieren, dass der Kleber bereits zäh wird, bevor man alle Schrauben drin hat. Darum alle benötigten Teile zuvor parat legen und im Geiste jeden einzelnen Handgriff durchspielen, bevor damit angefangen wird, damit garantiert alles zügig über die Bühne geht.

Es sind wirklich viele Kleinigkeiten zu beachten, ich kann das alles hier nur anreißen.
Geht auch nur eine Kleinigkeit schief, dann kann das richtig üble Folgen haben.
Wenn sich der Winkel der Auflagefläche geringfügig verändert hat, dann kann es sein, dass sich der Deckel hinterher nicht mehr schließen lässt.
Oder es kann passieren, dass Klebstoff an Stellen gerät, wo er nichts zu suchen hat.
Oder man stellt zuletzt fest, dass man das Displaykabel falsch verlegt hat ... doch nun ist alles fest verklebt und nicht mehr korrigierbar!

Bei manchen Geräten kommt es übrigens vor, dass nicht nur die Muttern aus den Halte-Röhrchen gerissen sind, sondern dass zudem auch noch eine (oder beide) Scharnierstrebe gebrochen ist.
Der einfachste Weg ist dann natürlich der, das jeweilige Scharnier neu zu besorgen (wieder: eBay). Aber das gelingt leider nicht immer.
Manchmal lassen die sich Streben schienen.
Dazu ein ganz bescheuert anmutender Tipp von mir: In vielen BHs sind Metalldrähte eingearbeitet. Manchmal sind es einfache Runddrähte, aber manchmal sind es aber auch flach gewalzte Metallstreben. Und manche davon taugen richtig prima, um die Scharnierstreben im Notebook zu schienen.
Da ist dann natürlich etwas Metallarbeit angesagt, so mit Bohrmaschine und Trennscheibe und so.
Das Material ist jedenfalls wirklich bestens geeignet - mitunter richtig guter Federstahl, mit viel höherer Festigkeit, als diese labberig weiche Legierung, aus der die Scharnierstreben bestehen.
Es gibt auch hier wieder kein Universalrezept; man muss schon kreativ sein, denn jedes Gerät und jeder Schaden ist anders.

Manche Scharniere sind so bescheuert konstruiert und an einer Stelle gebrochen, wo sich nicht mal mehr per Schienung etwas retten lässt. Selbst mit einem Mini-Schweißgerät hätte man teilweise keine echte Chance.
Dennoch kriege ich auch solche Schäden stets repariert, schlimmstenfalls um den Preis, dass das Display mit dem Deckelteil verklebt werden muss (das sage ich den Kunden zuvor natürlich).

Zerlege Dein Gerät einfach mal und schau Dir den Schaden genauer an.
Meine gängigsten Methoden habe ich ja nun beschrieben; was darüber hinaus geht, ist einfach nur kreatives Improvisationstalent - in meinem Fall noch gepaart mit Erfahrung und einer recht gut bestückten Werkstatt. Man muss aber meistens gar nicht alle Register ziehen.

- Viel Erfolg!
Macht Technik dir das Leben schwör, ruf' schnell den EDV-Dompteur! ;-)

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