Immer wieder werde ich danach gefragt:
"Mit welcher chemischen Keule muss ich dieses, oder jenes elektronische Teil pflegen?"
Und immer wieder stehe ich bei Service-Einsätzen, vor Ort beim Kunden, selbst vor dem Problem, ein benötigtes Mittelchen nicht parat zu haben und improvisieren zu müssen.
Daher hier ein paar Tipps, aus langen Jahren eigener Praxis; sicherheitshalber vor dem Posten untermauert und ergänzt durch Webrecherche, um sicher zu gehen, dass kein anderer Fachmann begründete Gegenargumente gegen einzelne meiner Ansichten hegt (aber dennoch alle Angaben ohne Gewähr, Anwendung auf eigene Gefahr!).
Für empfindliche Elektronik, auch für kratzende Potis:
Kontakt 61 von der Firma Kontakt Chemie - die "blaue Dose".
Dieses schonende Kontaktpflegemittel muss, anders als das weiter unten beschriebene Kontakt 60, nach der Anwendung nicht ausgewaschen werden.
Für neue, also noch unkorrodierte Stecker und Buchsen ist es bestens geeignet, auch für bereits
leicht in Mitleidenschaft gezogene. Steckkontakte gleiten deutlich besser und "brutzeln" beim Stecken unter Spannung nicht mehr so stark. Sehr gut spürbar bei der Stromversorgungsbuchse von Notebooks!
Auch wenn mal ein 230V-Stecker partout nicht in die per Kindersicherung geschützte, hakende Steckdose will, schaft ein kurzer Sprühstoß zuverlässige Abhilfe.
Zarte Goldkontakte:
Ich habe es bei
unbehandelten Steckverbindern vom Notebook-Mainboard zum Display schon ungefähr drei Mal erlebt, dass diese bereits durch ganz wenige Steckvorgänge fatalen Schaden nahmen, indem einzelne der winzigen Kontakte umbogen. Da war offensichtlich der Reibwiderstand zu hoch. Trotz ganz "einfühlsamem" Stecken/Ziehen geschah das!
Seither setze ich dort Kontakt 61 ein und hatte nie wieder Probleme.
Es gibt von der Firma Kontakt Chemie zwar auch spezielle Pflegemittel für zarte Goldkontakte, aber ich weiß nicht, was da besser sein soll. Von Kontakt GOLD weiß ich als einzigen Vorteil nur, dass es Temperaturen bis 200 Grad standhalten soll.
Ich selbst verwende in der Niederspannungs-Elektronik seit langer Zeit fast ausschließlich das Kontakt 61 und bin sehr zufrieden!
Achtung bei Potis: Immer wieder verwenden manche Leute obiges Mittel auch für kratzende Potis, wovon ich aber abraten würde.
Für Potis gilt in Hi-Fi-Kreisen die Empfehlung, diese nur mit einem rückstandlos verdunstenden Mittel zu waschen (Tuner-Spray), ohne Einsatz sonstiger Chemie, wie Kontakt 61.
Denn auch wenn diese Mittelchen im ersten Moment deutliche Verbesserungen bewirken, gilt das als reiner Scheinerfolg! Siehe u.a. hier:
http://www.musiker-board.de/faq-workshop…etrachtung.html
Abnutzung an der Kohlebahn älterer Potis kann halt keine Chemie mehr retten, diese bringt nur temporäre Erfolge bei leicht oxidiertem Schleifer, verschlimmert jedoch mit der Zeit das Problem (umstrittene Aussage, ich weiß).
Um Potis möglichst noch vor den ersten Ausfallerscheinungen langlebiger zu machen, eignet sich
Teslanol T6-Oszillin. Dieses ist säurefrei und hinterlässt einen sehr langzeitbeständigen, konservierenden Schmierfilm, der die Kontaktmaterialien vor Korrosion schützt.
Als so ziemlich einzige brauchbare Alternative gilt - sehr überraschend! - die Salbe "Pulmotin" aus der Apotheke!
Quer durch die Hi-Fi-Foren wurden schon alle möglichen Mittel und Spezialmittel getestet, doch es scheint unter den sattsam erfahrenen Anwendern und Raparatur-Fachleuten offenbar Einigkeit zu bestehen, dass nur Teslanol T6-Oszillin und Pulmotin wirklich lang anhaltenden Erfolg bringen, ohne das Poti langfristig zu schädigen.
Ich selbst habe mit besagter Pulmotin-Salbe die unzuverlässig gewordenen Potis und Drehschalter meines alten Hameg-Oszilloskops wieder einwandfrei hin bekommen und hatte seither keine Probleme mehr. Die Auftragung der Salbe ist allerdings problematischer, als bei dem Teslanol Sprühöl, wenngleich Erwärmung hilft (da wird die Salbe flüssig, sie basiert halt auf Vaseline).
Oxidation an stark beanspruchten und oxidierten, elektrischen Kontakten:
Kontakt 60 von der Firma Kontakt Chemie - die "rote Dose".
Die Farbwahl deutet es schon an - heftiges Zeug!
Dieses Mittel bringt bei korrodierten Kontakten hammermäßige Erfolge! Denn es ist säurehaltig und wirkt reduzierend, löst also Dreck und Oxid im Nu.
Wegen dem Säuregehalt greift es allerdings mit der Zeit die soeben gereinigten Kontakte auch wieder an, daher muss es anschließend mit
WL (ebenfalls von Kontakt Chemie) ausgewaschen werden.
Nach meiner Erfahrung kann man Drehstromstecker sorglos damit behandeln, ohne es auszuwaschen. Man sollte es jedoch dezenter auftragen, als mit dem Sprühröhrchen möglich (per benetztem Wattestäbchen).
Vor dem Zusammenstecken die Kontakte und Plastikteile damit behandelt, verhindert es selbst bei heftigen 125A-Drehstromsteckern zuverlässig dessen Festbrennen in der Kupplung. Auch nach einem Monat lassen sich nach meiner Erfahrung beide Verbinder ohne Kraftaufwand und "wie geölt" wieder voneinander trennen. Unbehandelt neigten die sonst dazu, sich regelrecht miteinander zu verschweißen.
Der häufigste Fehler beim Einsatz dieses Mittels ist wohl, dass es (erstens) ungehemmt per Sprühröhrchen überall hin gesifft wird (so dass es auch Schrauben, Kupferlitze und Kontaktmaterial benetzt) und dann (zweitens) dort einfach verbleibt, statt mit
WL ausgewaschen zu werden. Durch den Säuregehalt zersetzt sich dann mit der Zeit das unedelste Metall.
Man bedenke, dass es sich in Kupferlitze regelrecht hinein saugt! Das kriegt man da kaum wieder heraus gespült. Daher: Dezent einsetzen!
Wer übrigens ein Poti ruckzuck töten will, der sprüht dieses säurehaltige Zeug dort hinein!
Mäßig taugliche Alternative für grobe Kontakte:
Ballistol.
Ballistol ist ein wundervolles Universalöl. Es reagiert bei längerer Einwirkung jedoch mit Kupfer, Messing und deren Legierungen.
Nach dem Einsatz zur Kontaktreinigung sollte es daher ausgewaschen werden, was zur Not schon mit Wasser weitreichend gelingt, da es gut mit Wasser emulgiert und nebenbei basisch wirkt (es wurde ursprünglich als Waffenöl entwickelt, um saure Pulverrückstände zu neutralisieren).
Um dann noch das Wasser rasch los zu werden, kann z. B. reiner Alkohol (Isopropanol) verwendet werden. Oder Druckluft.
In mancher Hausapotheke findet sich womöglich ein Fläschchen
Neo-Ballistol. Dabei scheint es sich um das gleiche Mittel zu handeln, nur halt explizit für medizinische Anwendungen deklariert. Ich habe dieses Zeug immer dabei, ein echtes Universaltalent!
Man kann damit Wunden desinfizieren, man kann es mit Wasser verdünnt einnehmen (Beipackzettel beachten!), es entfernt Aufkleber, macht verharztes Fett wieder schmierfähig; überhaupt eignet es sich zur Schmierung von Fahrradketten und anderer Mechanik ...
Und seit über 15 Jahren habe ich keinen Rost mehr am Fahrrad, seit ich erstmals auf die gute Idee kam, den Drahtesel nicht mehr mit Wasser zu waschen, sondern mit einem in Neo-Ballistol getränken Lappen abzureiben und dann mit Papierküchentüchern zu polieren. Aber - es wird von Regenwasser mit der Zeit weitgehend abgespült, taugt am Rad also "eigentlich" nicht zur Langzeit-Konservierung, wenn man bei jedem Wetter fährt.
Am Rad verwende ich es dennoch nur 1-2 mal pro Jahr und habe wirklich keinen Rost.
Zur Kontaktreinigung erwarte man von diesem Mittel nicht die puren Wunder, denn es wirkt basisch, statt sauer. Aber es beseitigt halt einigen Schmutz, verbessert die Gleiteigenschaften grober Kontakte, bzw. der Kunststoffteile und lässt sich leicht auswaschen.
Ich betrachte die Anwendung von Ballistol in der Elektrik als eine relativ brauchbare Notlösung, wenn bei Notreparaturen gerade kein passenderes Mittel zur Hand ist. Es ist in Apotheken zumeist vorrätig, also auch auf dem Dorf rasch beschaffbar.
Aber ich betone: Wascht dieses Mittel bitte aus, nach der Anwendung!
Es ist ein sehr universelles Mittel, aber in wohl keiner Beziehung die wirklich allerbeste Wahl. Bitte selbst testen, wozu es taugt!
WD40
(
http://www.wd40.de/faq/)
Dieses Universal-Öl ist - wie manche Elektroniker berichten - für empfindliche Elektronik gar nicht gut geeignet, weil es Langzeitschäden verursachen kann.
Dem widerspreche ich zum Teil. Denn dieses preiswerte, in vielen Haushalten vorhandene Mittel tut z. B. auf Platinen mit Flüssigkeitsschaden durchaus sehr gute Dienste, sofern man es wirklich dezent einsetzt (Wattestäbchen damit benetzen und die betroffene Stelle damit abreiben) und man es anschließend sorgsam auswäscht.
Also nix von wegen Sprühröhrchen druff und brutalo alles vollsiffen!
Sondern ganz gezielt und dezent nur auf korrodierten Stellen auftragen, dann mit dem benetztem Wattestäbchen etwas reiben. Mancher Oxidkram (leider nicht jeder ...) und Dreck löst sich im Nu! Anschließend mit reinem Alkohol und weiteren Wattestäbchen, oder Papiertüchern, gleich wieder runter mit dem Zeug.
Sonst ist das
WD40 eher zum Lösen von Rost und zum Verdrängen von Feuchtigkeit gedacht. Z. B. an KFZ-Teilen.
Das genaue Rezept hält der Hersteller geheim. In Deutschland soll es jedenfalls zu 60-80% aus Petroleum (als Rostlöser) bestehen. Weiterhin aus alkoholischen Substanzen und/oder Benzin. Angeblich enthält es auch etwas Fischöl, was wohl die (ohnehin recht gering geratenen) Schmiereigenschaften verbessern soll. Der Hersteller bestreitet meines Wissens die Komponente Fischöl, allerdings weicht das Rezept auch von Land zu Land ab ...
Aus der Hauptzutat
Petroleum leitet sich schon ab, dass dieses zum Lösen von Korrosion ein guter Ersatz ist, wenn kein WD40 zur Verfügung steht. Z. B. wenn mal eine festgerottete Schraube gelöst werden muss, an ener KFZ-Batterie.
WD40 hat bessere Kriecheigenschaften als Ballistol und bringt rasche, aber nur eher kurzzeitige Erfolge, z. B. als Rostlöser. Denn manche Inhaltsstoffe verflüchtigen sich relativ schnell, während verbleibende Rückstände längerfristig eben doch zum Verharzen neigen, wie einige Anwender berichten. Zum dauerhaften Ölen von Mechanik taugt es meiner Meinung nach nicht gut.
Gummi und Silikon quellen davon ebenso auf, wie von Alkohol (Isopropanol, Spiritus ...) und von Benzin bekannt, jedoch nur temporär. Manche Kunststoffe werden davon angegriffen.
Kunststoffe, Polymere, Elastomere schmiert man ohnehin besser mit
Silikonöl oder
Silikonfett .
WD40 ist aus meiner Sicht für praktisch gar keine Anwendung die erste Wahl - egal was die Werbung verspricht. Für wohl jeden damit möglichen Einsatzzweck gibt es deutlich geeignetere Mittel. Aber WD40 es ist leicht verfügbar und tut eben doch so manchen Job hinreichend gut.
Im Werkzeugkoffer sollte man meiner Meinung nach eher eine Reihe andere Mittel vorrätig halten, aber wenn vor Ort mal Mangel besteht und improvisiert werden muss, dann ist es durchaus eine große Hilfe, wenn man eine Dose WD40 auftreiben kann.
Es taugt recht überzeugend für so manchen Reinigungszweck, hinterlässt aber einen womöglich unerwünschten, öligen Schmierfilm.
Weitere Pflegemittel:
Ich verlinkte hier mal eine Broschüre der Firma
HellermannTyton , die neben den meisten der erwähnten Mittel noch viele weitere auflistet und grob deren Einsatzbereiche beschreibt:
Service-Sprays
Es ist übrigens ein verbreiteter Irrtum, dass Kontakte "blitzsauber", im Sinne von "frei von Fett & Öl", sein sollten!
So sind Kontaktsprays ja durchaus ölig. Es ist halt wichtig, dass es sich um ein genügend dünnflüssiges, leicht verdrängbares Öl handelt.
Knopfzellen reibe ich gerne dünn mit Vaseline ab und halte das für eine wirklich sehr gute Lösung.
Für schwere Industriekontakte stehen sogar richtig zähe Kontaktfette zur Verfügung. Aber dort, wo viel Strom fließt oder hohe Spannungen im Spiel sind, so dass es brutzeln kann, kommen natürlich ausschließlich schwer entflammbare, hitzefeste Mittel zum Einsatz - Mittel, die darüber hinaus auch langfristig keine Kriechströme verursachen, z. B. durch unerwünschte Aufnahme von Luftfeuchtigkeit, oder gar Verkohlung.
Ein gutes Kontaktfett schützt die Anschlüsse vor Korrosion. Man denke an die Anschlüsse einer KFZ-Batterie, wo immer mal ein Säureklecks auftreten kann (dem das Fett natürlich widerstehen muss, sonst hat es keinen Sinn).
Kohlebürsten von Elektromotoren.
Theorie: Diese soll man "offiziell" generell nicht mit Chemiekram behandeln.
Nach meinen Recherchen besteht in der Fachliteratur seit Jahrzehnten Einigkeit, dass Kohlebürsten trocken zu laufen haben und besser keiner Chemie ausgesetzt werden. Lediglich die Metallteile der Kommutatoren darf man mit rückstandsfreien(!) Reinigungsmitteln behandeln.
Es gibt einen Sonderfall: Die unter und im Kraftstoff laufenden Pumpenantriebe von Auto-Einspritzanlagen. Deren Bürsten und Kommutatoren sind allerdings dafür ausgelegt.
Ehrlich gesagt: Ich halte das für
graue Theorie! Was soll man denn bitte machen, wenn ein Motor wegen Dreck und Oxid an den Schleifern nicht mehr läuft, eine Zerlegung aber unrealistisch ist?
- Ich habe die Schleifer-Kontaktflächen stark versiffter, nicht mehr lauffähiger Kohlebürsten-Motoren schon öfters mit dem brutalen Kontakt 60 eingesprüht und damit guten Erfolg gehabt. Man kommt bei den Biestern ja oft gar nicht anders an die Problemstelle heran.
Aber man merke sich: Kontakt 60 ist säurehaltig! Mit der Zeit verätzt es die damit benetzten Stellen. Benetzt es gar die Verbindungsstelle verschiedenartiger Metalle, so zersetzt sich mit der Zeit das unedlere Metall. Darum gründlich auswaschen, wann immer es geht.
Zur Auswäsche würde ich bei Elektromotoren, statt dem teuren Kontakt WL, auch einen vergleichsweise sehr viel billigeren Bremsenreiniger in Erwägung ziehen. Wichtig ist aber, dass die Lackumhüllung der Wicklungsdrähte nicht angelöst wird. Im Zweifelsfall also vorher testen, wenn Ihr ein Mittel unbekannter Zusammensetzung einsetzt!
Beim Einsatz von Bremsenreinigern sollte darauf geachtet werden, dass auf der Sprühflasche explizit erwähnt wird, dass er rückstandsfrei versunstet (das sollte eigentlich jeder Bremsenreiniger, aber es gibt da so viele Produkte, dass man besser explizit darauf achtet).
Selbstflüsternd sollte man bei der Motorwäsche nicht so brutalo vorgehen, dass gleich noch die Lager mit entfettet werden ...
Bremsenreiniger ist übrigens weit universeller einsetzbar, als der Name vermuten lässt.
Sehr lobenswert ist eben die Eigenschaft der restlosen Verdunstung. Alles, was davon nicht direkt angegriffen wird, sollte damit also behandelbar sein, ohne dass Langzeitschäden zu befürchten wären.
Ich habe Bremsenreiniger auf alten Mainboards getestet, die ich damit ganz rücksichtslos beidseitig einsprühte. Und ich konnte keine Folgeschäden beobachten. Sollte auf einem Notebook-Mainboard aber ein Mikrofon bestückt sein, dann hätte ich da doch Bedenken.
Flüssigkeitsschäden an Platinen.
Meine Methode klingt haarsträubend, hat sich aber seit 25 Jahren bewährt. Die Platine wird zunächst mehrfach voll gebadet und dabei mit verschiedener Chemie behandelt: Lauge, Säure, abermals Lauge, dann Alkohol.
Mainboards aus Notebooks, die mit Getränken übergossen wurden, reinige ich zunächst gründlich und satt mit in Wasser aufgelöstem
Waschsoda. Spülmittel täte es ebenfalls, aber ich bevorzuge, ohne es begründen zu können, Waschsoda, das ich mit einer Sprühflache reichlich aufsprühe.
Die Platine wird also in eine bereits feuchte Wanne gelegt, satt und reichlich mit Lauge eingesprüht und mit einem Pinsel abgerieben.
Mehrere Minuten lang, unter ausgiebigem Pinseln, einwirken lassen. Gefolgt von einem Vollbad in Wasser, um das Zeug wieder los zu werden.
Die Wanne (Katzenklo etc.) sollte bereits vorher feucht sein, um Elektrostatik zu vermeiden.
Danach folgt eine Behandlung gleicher Art, diesmal jedoch mit
Zitronensäure, statt Soda. Säure löst halt andere Stoffe, als Lauge. Insbesondere bilde ich mir ein, damit
Dendriten besser los zu werden, als beim alleinigen Einsatz von Lauge.
Wieder mehrere Minuten einwirken lassen und dabei ausgiebig pinseln. Dann wieder mit viel Wasser ausspülen.
Der dritte Reinigungsgang erfolgt mit
Fensterreiniger von Viss, wieder nach gleichem Schema.
Das ist nunmehr schon die zweite Anwendung von Lauge, aber erst jetzt ist gewährleistet, dass sie auch wirklich überall hin kommt, also auch an solche Stellen, die zuvor womöglich von einer nur säurelöslichen Schicht bedeckt waren.
Nun sind wir fast fertig, diesmal besonders gründlich mit Wasser spülen!
Den letzten Spüldurchgang vorzugsweise mit destilliertem Wasser ausführen.
Zuletzt, um noch das Wasser selbst aus den tiefsten Spalten los zu werden, kommt eine intensive, mehrgängige Spülung mit reinem
Isopropanol.
Mehrfach durch Schleuderbewegungen die Flüssigkeit heraustreiben und wieder neuen Alkohol aus einer geeigneten Chemikalien-Spritzflasche aufspritzen. Das Wasser muss komplett raus! Auch aus womöglich undichten Ferrit-Kapseln. Das geht nur durch viel viel, immer neuen Alkohol!
Den Alkohol treibt man zunächst sorgältig mit Druckluft aus (schon eine Ballpumpe tut den Job) und hilft zuletzt mit dem Föhn nach.
(Vorsicht beim Einsatz eines Heißluftgebläses, der verdunstende Alkohol könnte entflammen, oder sogar verpuffen!)
Anschließend ist die Platine wieder blitzblank; auch die Kupferflächen sind wieder hübsch.
Die Temperatur beim Trocknen sollte keinesfalls 80 Grad übersteigen, denn Isopropanol bildet mit Wasser ein Gemsich, dass bereits knapp über 80 Grad siedet ... und wir wollen ja keinen
Popcorn-Effekt hervorrufen!
Das Trocknen braucht übrigens Zeit! sogar weit mehr als man denkt, denn Wasser diffundiert in die Resin-Umkapselung der ICs ein! Selbst ausgiebiges Föhnen reicht daher nicht, darum legt das scheinbar bereits vollständig trockene Mainboard noch mindestens 24 Stunden auf die Heizung. Nehmt Euch unbedingt die Zeit für diese Nachtrocknung, sie ist wirklich sehr wichtig!
Die optische Kontrolle nach all dem Aufwand erfolgt mit Uhrmacherlupe und starker Lampe.
Man wird jetzt allerhand durch das Isopropanol weiß gebleichte Flussmittelreste entdecken, die all das überstanden haben. Aber diese sind jetzt perfekt sichtbar!
Salmiakgeist (9,5%) ist sehr gut tauglich, um hartnäckige Flussmittelreste aufzulösen. Es macht auch oxidierte Kupferflächen augenblicklich wieder blank! Die Anwendung ist allerdings leidvoll ... und ich empfehle den ausgesprochen sparsamen Einsatz (Tropfflasche, Wattestäbchen).
Salmiakgeist ist sehr aggressiv und greift bei längerer Einwirkung die PU-Umhüllung von Spulendräten an, also Vorsicht bei Induktivitäten!
Alle mit Salmiakgeist behandelten Stellen müssen gleich nach der Anwendung abermals mit Isopropanol gewaschen werden.
Sofern die Korrosion durch das eingedrungene Getränk nicht bereits Lötpunkte und/oder Leiterbahnen zersetzt hatte, sollte das gründlich getrocknete Mainboard nun wieder laufen!
Ich weiß, all das klingt haarsträubend, aber ich habe in 25 Jahren schon mehrere hundert Computer auf diese Weise gereinigt.
Ich kann hier nicht meine gesamte Erfahrung wiedergeben - natürlich gibt es Teile, die man NICHT auf diese Weise reinigen darf. Z. B. TFT-Screens. Man muss schon mit eingeschaltetem Hirn an solche Sachen heran gehen.
Ein Tipp noch zum Entfernen alter Wärmeleitpaste:
Ballistol und Wattestäbchen. Das Ballistol weicht auch vertrocknete, silbrige Wärmeleitpaste im Nu.
Dessen Einsatz erfolgt natürlich vor dem Baden der Platine, sonst schmiert das Zeug womöglich furchtbar rum.
Zuletzt noch mit Reinigungsbenzin und Wattestäbchen die letzten Schmierreste abwischen.
Benzin eignet sich übrigens auch schon allein ziemlich gut, um Wärmeleitpaste zu entfernen, aber bei silbrigen Pasten entsteht dabei ein kaum entfernbarer Feinfilm. Daher besser zuerst das Ballistol nehmen und erst wenn augenscheinlich alles weg ist, mit Benzin nachbehandeln.