Als Schaltungsentwickler weiß man, dass Spannungsreglern am Eingang und Ausgang jeweils ein Abblock-Kondensator zu spendieren ist.
Weiterhin bekommt jeder IC ganz pauschal einen solchen Abblock-Kondensmann verpasst.
Ganz häufig wird in gesundem Halbwissen nach der praxisbewährten Formel "
Auge mal Pi" dimensioniert, was dann auf 0,1 Mikrofarad hinaus läuft (sofern das Datenblatt nicht explizit andere Vorgaben macht).
Mit dieser Formel legte ich mir vor Jahren dann doch mal ein Ei, als ich eine quick & dirty Tastenentprellung für einen AVR-Controller realisierte.
Dabei wurde ein Kondensator über einen Taster entladen - der dann von einem Widerstand binnen 0,1s wieder aufgeladen wurde, nach Beendigung der Tasterbetätigung.
Der AVR "sieht" also ab dem ersten Prellen (das den Kondensi schlagartig entlädt) für einen Sekundenbruchteil Low-Pegel. - Ein genügend langer Sekundenbruchteil, um die Prellzeit des Tasters sicher abzudecken.
Das funktionierte auch prima, solange der Taster unmittelbar neben dem Kondensator saß. Doch schon eine wenige Zentimeter lange Leitung am Taster ließ den AVR verrückt spielen.
Offenbar bildete die Leitung zum Taster eine Induktivität mit einer einzigen Windung, die dann mit dem Kondensator einen Resonanzkreis bildete, der bei jeder Tastenbetätigung angestoßen wurde.
Das Thema "Tastenentprellung" soll hier nicht vertieft werden; in diesem Thread geht es um die sinnvolle Auswahl von Abblock-Kondensatoren.
Im obigen Anwendungsfall ging es zwar nicht direkt um Entkopplung, vielmehr wurde dort ein Zeitglied realisiert, aber der Fall verdeutlicht sehr gut, was rasche Stromänderungen bewirken können, in Verbindung mit parasitären Induktivitäten (Kabel, Leiterbahnen ...). Und genau das ist ja auch der Job von Abblockkondensatoren: Rasch mit Strom "auszuhelfen", um die Spannung stets stabil zu halten.
Gute Layouts beinhalten an kritischen Stellen mitunter zwei, oder gar drei parallele Abblock-Kondensatoren von unterschiedlicher Kapazität und möglichst unterschiedlichem Formfaktor. Warum aber nicht ein einziger Kondensator, von entsprechend höherer Kapazität?
- Nun, die leicht verständliche (aber natürlich englischsprachige)
Application Note 1325 von Intersil, vermittelt wichtige Grundlagen bezüglich des Einflusses von Kapazität und Formfaktor auf die Impedanz, in Abhängigkeit von der Frequenz.
Besonders interessant in dem verlinkten Dokument ist die Schlussfolgerung, dass die Parallelschaltung unterschiedlicher Kapazitäten das Frequenzverhalten nicht signifikant verbessert, wenn alle Kondensatoren bequemerweise den gleichen Formfaktor aufweisen!
- Wohingegen eine deutliche Verbesserung zu erzielen ist, wenn die kleineren Kapazitäten auch tatsächlich in kleinerem Gehäuse daher kommen.
Zwei parallele Kondensatoren von je 0,1 Mikrofarad, in unterschiedlichen Gehäuseformen (z.B. 0805 und 0603), entkoppeln demnach besser, als ein einziger Kondensmann mit 0,2 Mikrofarad.
Es lohnt sich für Platinenlayouter wirklich, sich mal in das verlinkte Dokument zu vertiefen!